Balance Management – Die Balance entscheidet

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Begrifflichkeit Balance in der Managementtheorie etabliert.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Theorie verfolgt, dass es lediglich einen korrekten Weg zum Erfolg gäbe.
Dieser jedoch recht simple Ansatz verfolgt eine wenn-dann-Logik.

In den 1950er Jahren wurde mit der Kontingenztheorie – auch „Situativer Ansatz“ genannt – ein anspruchsvolleres Konzept entwickelt.
Vertreter dieses Ansatzes sind z.B. Lawrence/Lorsch.
Der „Situative Ansatz“ geht davon aus, dass sich ein gutes Management dadurch auszeichnet, dass Organisationen ihre Handlung infolge interner und externer Situationen richtig steuern.
Hierbei wird eine bedingte wenn-dann-Logik verfolgt. Im Falle einer Situation A wird der Weg x verfolgt; bei Situation B dahingegen Weg y präferiert. So handelt das Management beim situativen Ansatz nach dem Grundsatz: Es kommt drauf an.

Zum Ende der 1980er kamen die ersten Managementansätze mit einer sowohl-als-auch-Logik auf. Diese können durch das Balance Management beschrieben werden, wobei die Balance vier Formen annehmen kann:

  • Arbeitsteilige Balance: Eine Gruppe verfügt über die gesamte Entscheidungsgewalt und zeichnet sich somit durch eine hohe Dezentralisierung aus, während eine weitere Gruppe keinerlei Entscheidungsfreiheit besitzt und demnach eine hohe Zentralisierung aufweist.
  • Zyklischer Wechsel: Die Arbeiten werden nacheinander bzw. abwechselnd durchgeführt.
  • Kompromiss: Es werden beide Seiten anteilig berücksichtigt.
  • Kombination (Balance Management i.e.S.): Die Aufgaben werden gleichzeitig bzw. in zeitlich enger Abfolge erledigt. Die Kombinationen werden von Lanwehr als „interessanteste Form des Balancemanagements“ (Lanwehr, 2013, S.3) verstanden und als kontraintuitiv beschrieben, weshalb es ein neues Verständnis der Wirkungsweisen des Managements und der durchgeführten Führung in Aussicht stellt.

Konsens und Dissens

So beschäftigt sich das Balance Management beispielsweise mit der Thematik von Konsens und Dissens. Während Dissens eine Steigerung der Innovation und die Schaffung neuen Wissens verfolgt, fokussiert Konsens die Integration vorhandenen Wissens. Sowohl die Innovation als auch die Integration liefern auf ihre Weise Wettbewerbsvorteile. Stehen diese in einer Balance, können sowohl die Dissens- als auch Konsenspotenziale genutzt werden, um den Erfolg respektive die Wettbewerbsfähigkeit weiter auszubauen. Auch in der Führungsebene gilt es in Balance zu stehen.
Nach Jonas et al. sollten Führungskräfte den Status Quo simultan verkörpern, aber auch hinterfragen. (Jonas et al. 1990, S. 40)
Itami beschreibt, dass Strategien auch über Gegenstrategien verfügen müssen, damit neue Kompetenzen erworben und eine zukunftsorientierte Position eingehalten bzw. erreicht werden kann. (Itami, 1991, S. 159ff.)

Verhaltenskomplexität

Bezüglich der Balance innerhalb von Organisationen ist vor allem die Verhaltenskomplexität aufzuführen. Sie ist definiert „als die Fähigkeit, verschiedene und bisweilen widersprüchliche Führungsrollen erstens kognitiv zu erfassen und zweitens situationsadäquat in Verhalten umzusetzen.“ (Lanwehr, 2013, S. 10, i.A.a. Phillips/Hunt, 1992)

Kundenzufriedenheit

Gerade in Bezug auf die Thematik der Kundenzufriedenheit ist die Balance von großer Bedeutung, dies verdeutlichen z.B. die Ansätze der Assimilations- und Equity-Theorie. Bei der Fokussierung auf den Kunden dürfen interne Prozesse, die Zufriedenheit der Mitarbeiter sowie die Finanzperspektive nicht außer Acht gelassen werden. Die Balance zwischen den Einstellungen und Werten der Mitarbeitern und Kunden stellt ein immenses Erfolgspotenzial dar. Ebenso sollte im digitalen Wandel der Faktor Mensch nicht vernachlässigt werden. So werden Lean und BIM sowie der Verbindung beider Philosophien (siehe hierfür z.B. www.lcbim.de) eine immer größere Bedeutung zugeschrieben.

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Strategieentwicklung

 

Quellenverweise:

Huppertz, R., Die dynamische Entwicklung von Kundenzufriedenheit im Bauprozess, 2019
Lanwehr, R. et al., Balance Management, 2013
Schäffner, M., Konsens und Dissens, 2013
Smith, W. K./Lewis, M. W., Theory of Paradox, 2011
Gebert, D., Führung und Innovation, 2002
Phillips, R. L./Hunt, J. G., Strategic Leadership, 1992
Itami, H., Mobilizing Invisible Assets, 1991
Jonas, H. S. et al., Office of the CEO, 1990
Lawrence, P. R./Lorsch, J. W., Complex Organizations, 1967